sonic – Interview

Artikel der sonic - Ausgabe 6 2016 November/Dezember

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.„Take One“ hieß die erste CD der Vienna Brass Connection mit Filmmusik aus Korngolds „Seahawk“ über Contis „Fackeln im Sturm“ bis zu Hans Zimmers „Gladiator“-Musik. Nun legt das Ensemble, von dem man wohl noch viel hören wird, seine zweite CD vor: „Open Minded“, eine Wiener Melange aus faszinierenden Klängen unterschiedlichster Stilrichtungen. sonic im Gespräch mit Stefan Obmann, einer der Posaunisten und organisatorischer Kopf der außergewöhnlichen Gruppierung.

Text von Markus Bebek.

sonic: „Open Minded“ ist das zweite CD-Projekt der Vienna Brass Connection. Wie ist der Titel der CD zu verstehen?
Stefan Obmann: 2012 haben wir unsere erste CD „Take One“ veröffentlicht, die hauptsächlich Filmmusik beinhaltet. Jedes Ensemble muss sich von Zeit zu Zeit überlegen, wohin der gemeinsame Weg führen und wie es weitergehen soll. Wir haben beschlossen, die Filmmusik nicht völlig aus dem Repertoire zu streichen, jedoch auch andere Musik in unser Programm aufzunehmen. Unsere Interessen bezüglich verschiedenster Musik sind sehr breit gefächert und das kann man auf unserer neuen CD hören. Der Titel „Open Minded“ bezieht sich auf die Musikauswahl der CD ebenso wie auf die prinzipielle Lebenseinstellung der Musiker der Vienna Brass Connection. Weltoffen, vorurteilslos und unvoreingenommen zu sein, erscheint uns in der Zeit, in der wir leben, besonders wichtig. Diese Botschaft möchten wir obendrein mit dieser CD transportieren.

sonic: Seit wann gibt es die Vienna Brass Connection?
Stefan Obmann: Angefangen hat alles mit dem jetzigen Solohornisten der Wiener Philharmoniker Manuel Huber. Er wollte unbedingt ein Blechbläserensemble der Sonderklasse gründen.  Seinen Wunsch hat er sich im Jahr 2011 erfüllt, indem er gleichgesinnte Musiker, allesamt gute Freunde, um sich geschart hat. Die Blechansammlung wird von drei Schlagwerkern unterstützt. Um diese gemeinsame Kraft, die dabei entsteht, zu bündeln, wirkt Johannes Kafka als Dirigent.

sonic: Auf der CD wirken drei namhafte Solisten mit: die Geigerin Marie-Christine Klettner, der Operntenor Vincent Schirrmacher und der Trompeter Lorenz Raab. Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Stefan Obmann: Jeder dieser drei Solisten bereichert die CD enorm und unterstreicht wieder deren Vielseitigkeit. Die besondere Bearbeitung der bekannte Carmen-Fantasie für Solo-Violine wurde eigens von uns für ein Festival arrangiert. Die Arbeit mit der virtuosen jungen Geigerin Marie-Christine Klettner hat uns sehr viel Spaß bereitet und wir haben sofort beschlossen, dieses Stück gemeinsam aufzunehmen. Ein solistisches Streichinstrument, begleitet von einem Blechbläserensemble: Auch damit möchten wir Grenzen, die ja sowieso nur in unseren Köpfen existieren, bewusst überschreiten. Ein Hauptwerk der CD ist ein Querschnitt durch die Oper „Turandot“ von Giacomo Puccini. Da darf natürlich eine der wohl bekanntesten Arien, „Nessun Dorma“, nicht fehlen. Wir konnten dafür Tenor Vincent Schirrmacher gewinnen, der uns von einigen gemeinsamen Produktionen an der Wiener Volksoper bestens bekannt ist. „Nessun Dorma“ in dieser besonderen Konstellation aufzunehmen, war für ihn, aber auch für uns eine neue Erfahrung, die sich auf alle Fälle gelohnt hat. Dass zudem unser Freund und Kollege Lorenz Raab dabei ist, war keineswegs von Anfang an geplant. Er hatte die Aufnahmeleitung inne. Während der Aufnahme der letzten Nummer hatten wir die spontane Idee, dass Lorenz doch einfach mitspielen könne. Und so kam es zu dem unverhofften und sehr schönen Flügelhorn-Solo…

sonic: Wenn man die CD anhört, bemerkt man sofort eine sehr persönliche Handschrift, die sich besonders in den hervorragenden Arrangements äußert. Beweisen Sie einfach ein glückliches Händchen bei der Auswahl bestehender Arrangements oder wurden alle Stücke auf der CD speziell für das Ensemble arrangiert?
Stefan Obmann: Glücklicherweise haben wir sehr talentierte Arrangeure in unseren Reihen und üblicherweise werden alle Stücke von uns selbst arrangiert. Zum einen, weil es für unsere besondere Besetzung nur sehr wenig Literatur gibt, zum anderen, weil wir dadurch die Möglichkeit haben, jede Bearbeitung genau auf uns abzustimmen. Außerdem ist es unser Ziel, etwas Neues zu schaffen. Manchmal kommt es auch vor, dass wir Aufträge an befreundete Musiker und Arrangeure vergeben. Speziell für diese CD hat zum Beispiel Leonhard Paul das Stück mission@turan.imp geschrieben. Die Idee zu dem Stück kam mir im Kino, als ich mir den Film „Mission Impossible 5“, der zu großen Teilen in Wien gedreht wurde, ansah. Eine sehr lange Szene spielt in der Wiener Staatsoper während einer Vorstellung von Puccinis Turandot. Ich konnte Leonhard Paul für das Vorhaben, die Titelmelodie des Films mit einem Querschnitt dieser Oper zu verbinden, gewinnen. Meiner Meinung nach ist ihm das bravourös gelungen, seine besondere Handschrift gibt dem Stück und somit unserem Programm und der neuen CD eine spezielle Note.

sonic: Wie oft kommt das Ensemble im Jahr zusammen und wie regelmäßig finden Konzerte statt?
Stefan Obmann: Ja, das ist ein ganz besonderes Thema: Termine für unser Ensemble zu koordinieren ist eine große Herausforderung. Bei 21 Musikern, die alle sehr viel zu tun haben, erweist sich das oft als äußerst schwierig. Einige der Musiker sind sehr erfolgreiche und gefragte Freelancer, die meisten engagiert in renommierten Orchestern. Ich habe nachgezählt – insgesamt handelt es sich tatsächlich um zehn verschiedene Orchester: Wiener Philharmoniker, Wiener Staatsoper, Wiener Symphoniker, WDR Sinfonieorchester Köln, Wiener Volksoper, Radiosinfonieorchester Wien, Tonkünstlerorchester Niederösterreich, Mozarteumorchester Salzburg, Kärntner Sinfonieorchester und das Grazer Philharmonische Orchester. 21 volle Terminkalender aufeinander abzustimmen und gemeinsame Zeit für Proben und Konzerte zu finden, erfordert gute und vorausschauende Planung. Die Proben versuchen wir zu blocken: Ein neues Konzertprogramm wird erarbeitet und einstudiert, danach Konzerte geplant. Aufgrund des großen Aufwandes bringen wir es derzeit nur auf etwa sechs Konzerte im Jahr. Wir versuchen aber, dies auszubauen, da wir einerseits sehr gerne miteinander spielen und es uns andererseits die gemeinsamen Arbeitsphasen ermöglichen, uns alle wiederzusehen und miteinander Zeit zu verbringen. Immerhin sind wir ja sehr gut befreundet.

sonic: Mit Ihrem Ensemble haben Sie bewiesen, dass Sie sich in vielen verschiedenen Musikstilen bewegen können. Gibt es ein Repertoire, dass Sie besonders gerne spielen?
Stefan Obmann: Bei 21 Musikern treffen natürlich viele verschiedene Geschmäcker aufeinander. Da hat jeder sein besonderes Lieblingsrepertoire. Die besten Stücke kommen meiner Meinung nach nicht aus einer speziellen Musikrichtung. Gut ist, was gut klingt und uns allen Spaß macht. Das überträgt sich dann sehr schnell aufs Publikum. Mein persönlicher Indikator: Wenn ich beim Spielen Gänsehaut bekomme, dann ist das Stück für die Vienna Brass Connection geeignet.

sonic: Gab es, für Sie persönlich, ein Highlight mit der Vienna Brass Connection? Gab es ein Konzert, das Ihnen unvergesslich bleibt?
Stefan Obmann: Jedes Konzert ist auf seine eigene Art und Weise besonders. Es hängt da auch sehr vom Rahmen, dem Saal und dem Publikum ab. Es gibt beinahe in jedem Konzert Momente, in denen es so richtig zu knistern beginnt. In besonderer Erinnerung wird mir ein Konzert bei einem großen Brassfestival in Frankreich bleiben. Am Konzerttag hat ein Großteil der Fluglinien gestreikt und es wurde im Laufe des Tages klar, dass es nicht alle Musiker zum Konzertbeginn schaffen würden. Die erste Hälfte haben wir dann spontan mit dem Posaunenquartett Trombone Attraction bestritten. Diese Gruppe besteht aus vier Posaunisten der Vienna Brass Connection. Bis zur verlängerten zweiten Hälfte war dann das gesamte Ensemble eingetroffen. Der ganze Tag war unglaublich stressig, aber als wir dann endlich gemeinsam auf der Bühne standen, ist das alles verflogen. Wir – und auch das Publikum – waren dankbar und erleichtert, da zu sein. Die Stimmung war optimal.

sonic: Ein Erlebnis, das vielleicht nur mit einem Blechbläser-Ensemble möglich ist. Was ist für Sie persönlich das Geheimnis, was der Reiz am Klang eines Brass-Ensembles?
Stefan Obmann: Mich fasziniert immer wieder die enorme Bandbreite, die ein gutes Brass-Ensemble zu bieten hat. Mit äußerst zarten und leisen Tönen bis hin zu sehr kraftvollen Passagen kann man verschiedenste Stimmungen und Gefühle transportieren und auf das Publikum übertragen. Die Momente in einem Konzert, in denen der ganze Saal still den Klängen lauscht und sich nach einem Stück niemand zu klatschen oder sich gar zu bewegen traut, da jeder so gefesselt von der Musik ist, die koste ich jedes Mal wieder aufs Neue aus.

sonic: Herr Obmann, wie oben bereits erwähnt spielen Sie sowohl bei Trombone Attraction als auch bei der Vienna Brass Connection und sind regelmäßig bei den Wiener Orchestern zu Gast, sind also als Orchestermusiker und Kammermusiker sehr aktiv. Was macht für Sie die Faszination der Kammermusik aus?
Stefan Obmann: Als Posaunist im Orchester hat man manchmal wenig zu tun. Außerdem bekommt man von diversen Dirigenten sehr genau gesagt, wie man etwas zu spielen hat. Als Kammermusiker muss man viel eher selbst die Verantwortung für sich, die Interpretation, die Programmauswahl usw. übernehmen. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, ist es von großer Bedeutung, Kreativität und seine eigene Persönlichkeit einzubringen. Ich spiele sehr gerne im Orchester. Als Kammermusiker tätig zu sein, finde ich aber enorm reizvoll, interessant und spannend.

sonic: Welche Projekte hat die Vienna Brass Connection in Zukunft?
Stefan Obmann: Auch für die Zukunft haben wir uns einiges vorgenommen: Live-Auftritte, viele Ideen für neue Arrangements oder Projekte, die es zu verwirklichen gilt. Man wird auf alle Fälle von uns hören.

Musik, die einen durch alle Aggregatzustände befördert.

Wenn das Flügelhorn klingt wie ein scheues Eichkätzchen, wenn die Posaunen mit den Trompeten die Luft mit messerscharfen Salven zu Streifen schneiden und im nächsten Moment beschwichtigend auf das soeben gezüngelte Klangfilet einwürzen, wenn Hörner noch Hörner tragen dürfen, wenn die Tuba so richtig Tuba sein kann, wenn das Schlagwerk nicht nur zum Niederstreichen und Nachschlagen gedemütigt ist, wenn eine Violine auf Augenhöhe mit der durch das gefühlvolle Dirigat gezähmten Herde Musik macht und ein Tenor trotz blecherner Übermacht als strahlender Held hervorgeht, wenn eine Stunde lang Musik gemacht wird, mit der man nicht annähernd rechnet, Musik, die einen durch alle Aggregatzustände befördert – dann kann, nein, dann muss man von „Open Minded“, dem jüngsten Kind der Vienna Brass Connection sprechen. Herrliche Stücke, anspruchsvolle Arrangements, kompetent und intelligent von Johannes Kafka geleitet und hervorragend interpretiert von jedem einzelnen Musiker des Ensembles.        Leonhard Paul (Mnozil Brass)

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