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»Open Minded« vorgestellt in eurowinds – das europäisches Fachmagazin für Blechbläser
 
 
 (…) Beim 2013 erschienenen ersten Tonträger »Take One« lag der Schwer­punkt auf Filmmusik; die zweite CD »Open Minded«, knüpft daran an, weitet aber den Blick beträchtlich, wie der Titel andeutet. Ge­blieben ist die geballte Kraft und die unglaub­liche Energie, mit der die junge Gruppe musi­ziert. Trompeten­legende Hans Gansch for­mulierte es so: »Als ich die ›Vienna Brass Connection‹ zum ersten Mal hörte, blieb mir der Mund offen und die Ohren staunten nicht schlecht.« Das will was heißen!
 
Vor diesem Hintergrund ist das mit jugend­lichem Elan und unbändiger Energie startende »Godspeed!« von Stephen Melillo ein idealer Einstieg in die CD »Open Minded«. Deren Name ist Programm: Die sieben Titel zeugen von einer weltoffenen, vorurteilslosen, unvoreingenommenen und aufgeschlossenen Hal­tung des Ensembles zur Musik. Die meisten Arrangements stammen von Ensemblemit­gliedern und sind so der außergewöhnlichen Besetzung von sechs Trompeten, vier Wiener­hörnern, fünf Posaunen, zwei Tuben und drei
Schlagwerkern auf den Leib geschrieben.
 
So auch die Titelmelodie zum Film »Superman« (eingerichtet von Posaunist Raphael Stieger) und die Soundtrack­-Auszüge aus »How to train your Dragon« (wie »Godspeed!« vom Schlag­zeuger Patrick Prammer arrangiert), die gleichsam als Verbindungsglieder zum CD­-Erstling gelten dürfen. Filmmusikalisch inspiriert ist auch »mission@turan.imp«, eines der Haupt­werke des Tonträgers. Leonhard Paul, bekannt als Posaunist bei »Mnozil Brass«, überschreitet in dem eigens für die CD geschriebenen Werk Grenzen, verknüpft er doch Musik aus dem großteils in Wien gedrehten Film »Mission Impossible 5« mit einem Querschnitt durch Puc­cinis Oper »Turandot« – ohne die Arie »Nessun Dorma«, gesungen vom Tenor Vincent Schirr­macher, geht das natürlich nicht.
 
Mindestens ebenso abenteuerlich ist die Kom­bination in der »Carmen«­ Fantasie, die von Hornist Manuel Egger ebenfalls eigens für die Connection arrangiert wurde: Ein solistisches Streichinstrument (die Geigerin Marie­-Christine Klettner) von einem großen Brass­-Ensemble begleiten zu lassen, erfordert jede Menge Mut und – mehr noch als andere Stücke des Ton­trägers – einen Dirigenten: Johannes Kafka am Pult versteht es, in den sieben Titeln den Klang stets passend zu dosieren; mal wuchtig wie ein großes Orchester, dann wieder kammermusikalisch zart. Egger hat auch das vom US-Amerikaner Morten Lauridsen 1994 ursprüng­lich für Chor geschriebene »O Magnum Myste­rium« überzeugend für die Bläserbesetzung übertragen. Und bei Elton Johns »Don’t let the sun go down« greift sogar Aufnahmeleiter und Ausnahme­trompeter Lorenz Raab für ein wunderschönes Solo zum Flügelhorn. Das war keineswegs geplant und ist ein Zeichen großer musikalischer Offenheit, in der nur eines zählt: der Moment, den die CD dauerhaft festhält.
 
Daniel Gramespacher
eurowinds · Juli/August 2018
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